Zur Einbindung internationaler Expertise in die Forschung, Lehre und öffentliche Vermittlung aktueller theater- und kulturbezogener Fragestellungen wurde zum Wintersemester 2017/18 am Centre of Competence for Theatre die Bertolt Brecht Gastprofessur der Stadt Leipzig eingerichtet. Diese bringt den nachhaltigen Theorie-Praxis Transfer zwischen Wissenschaften und Künsten sowohl in die Lehre am Institut für Theaterwissenschaft als auch in den öffentlichen Diskurs der Stadt Leipzig ein. Die Gastprofessur wird halbjährlich an herausragende Praxisvertreterinnen und -vertreter der darstellenden Künste und ihrer medialen Reflektion vergeben, welche eine nachweisliche Bereicherung des wissenschaftlichen Diskurses und/oder der wechselseitigen Reflektion von Theorie und Praxis des Theaters in allen seinen Spielformen zu erbringen versprechen.
Die Gastprofessur wird – vorbehaltlich ihrer Ernennung durch die Rektorin – im Wintersemester 2023/24 mit Shahrzad Rahmani besetzt, eine der interessantesten freien Bühnenbildner:innen und Szenograf:innen der jüngeren Generation. Neben der Gestaltung von Bühnenräumen hat ihre Arbeit einen weiteren Schwerpunkt auf Rauminszenierungen und Installationen im urbanen Kontext. Mit ihrem Gespür für die politische Funktion szenischer Räume und Raumverhältnisse innerhalb wie außerhalb der Bühnenhäuser knüpft ihre Arbeit in vieler Hinsicht an Brecht an, der schon Ende der 1930er Jahre die Straßenszene als Modell für ein episches, politisch engagiertes Theater empfahl.
Aufgewachsen in Teheran, schloss Frau Rahmani zunächst ein Studium der Architektur am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit Auszeichnung ab und absolvierte dann den Masterstudiengang Bühnenbild und Szenografie an der TU Berlin. Sie war bereits an Ausstellungen am ZKM Karlsruhe, MIT Boston und am Guggenheim Museum in New York City beteiligt. Von 2015 bis 2021 an war sie Ausstattungsleiterin für das Themenfestival Herbstsalon am Maxim Gorki Theater Berlin, wo sie 2016 auch das Bühnen-/Raumdesign für das Projekt „Flüchtlinge fressen“ des Zentrums für politische Schönheit gestaltet hat. Beim aktuellen Festival „Gezi – Ten Years After“ ist am Gorki-Theater nochmals ihre gemeinsam mit dem Journalisten Can Dündar ausgehend von dessen Hafterfahrung entwickelte Installation „SILIVRI. prison of thought“ zu sehen. Als Mitglied des Künstler:innenkollektivs „Guerilla Architects“, das sich kritisch mit Stadtgestaltung und dem Verlust von Lebensräumen in Großstädten auseinandersetzt, etabliert sie an unterschiedlichen Schauplätzen in Berlin die Interventionsform „urbane Praxis“, die auch divers kulturelle Nachbarschaften vor Ort mit einbezieht.
Die Nominierung von Shahrzad Rahmani als Bertolt Brecht Gastprofessorin im Wintersemester 2023/24 steht im Kontext der für Juni 2024 bevorstehenden Ausrichtung des Kongresses der Gesellschaft für Theaterwissenschaft (gtw) in Leipzig durch das ITW und das CCT, mit dem Motto „Offene Räume“. Geplant ist dafür gemeinsam mit den Studierenden des Szenischen Projektes die Erarbeitung eines Parcours durch die beiden Häuser Schaubühne Lindenfels und Lindenfels Westflügel, der bereits zum Ende des Wintersemesters präsentiert und dann zur Eröffnung des Kongresses der gtw wiederaufgenommen werden soll.